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Meine Pferdegeschichte

Für mich begann das Reiten im Alter von sieben Jahren auf einem Norwegischen Fjordpferd, Aramis, mit dem ich in Begleitung ins Gelände ritt.
Mit elf Jahren besuchte ich eine Reitschule, in der die englische Reitweise vermittelt wurde. Zwei Jahre später suchte und fand ich eine Reitbeteiligung. Es handelte sich um ein Araber-Pony-Mix namens Ronny. Er war mein Lehrpferd und meine Herausforderung. Mit ihm unternahm ich irgendwann weite Ausritte alleine in die nähere und weitere Umgebung. 2015, als ich bereits studierte, starb Ronny und damit waren die Pferde vorerst aus meinem Leben verschwunden.
Erst 2022 sollte ich ihnen in Berlin über eine Reitbeteiligung an einer Vollblutaraberstute wieder begegnen. Durch die intensive Boden- und Freiarbeit konnte ich eine Beziehung zu ihr aufbauen, und nach wenigen Wochen alleine mit ihr ohne Sattel und mit einem Sidepull ausreiten.
Damit entstand auch die Idee, mein Gefühl für Pferde, mein seit langem erworbenes Wissen über sie und ihre wohltuende Gesellschaft anderen näherzubringen. So begann für mich im Oktober 2022 die Ausbildung zur Reittherapeutin, die ich im September 2023 erfolgreich abschloss.
Seit August 2023 arbeite ich in Teilzeit als Reittherapeutin bei dem Institut »icamani – pferdegestützte Therapie«.
Auf einer Reise nach Menorca im Oktober 2023 fand ich schließlich mein Traumpferd: Doron, einen damals vierjährigen schwarzen Menorquín-Wallach.
Menorquín gelten als umgängliche und lernbereite Pferde, die sehr auf ihren Menschen bezogen sind. Sie gehen für diesen, wenn sie Vertrauen gefasst haben und eine feste Bindung zu ihrer Person besteht, buchstäblich durchs Feuer.
„Reiten ist Lebenskunst – als Lebenskünstler lebt man nicht länger, aber intensiver!“
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Was ist Reittherapie?

Tiere fungieren als sogenannte Eisbrecher und bauen so eine Brücke zwischen Therapeut und Klient / Patient.
In der pferdegestützten Therapie findet ein Dialog mit dem Pferd oder über das Pferd statt, was auch als Triade Patient-Therapeut-Pferd bezeichnet wird.
Der Umgang mit Pferden, die Interaktion mit diesen Flucht- und Herdentieren kann demzufolge methodisch als therapeutisches Medium eingesetzt werden.
Emotionale, körperliche oder psychische Belastungssituationen können auf diese Art verarbeitet und im besten Fall bewältigt werden.
Das wiederum kann dazu befähigen, weitere wichtige Entwicklungsschritte zu wagen.
Die Besonderheit des Pferdes und die der pferdegestützten Therapie als besondere Therapieform liegt in meinen Augen nicht zuletzt in der eng verwobenen gemeinsamen Geschichte von Mensch und Pferd begründet.
Sechstausend Jahre lang war das Pferd als schnelles Fluchttier ständiger Begleiter sowie wichtigster Gefährte des Menschen, um Territorien zu erobern und ausgedehnte Herrschaften zu errichten. Es war folglich für die Zivilisation der Menschheit essentiell. Mitte des 20. Jahrhunderts gelangte das Pferd im Zuge des großen Transformationsprozesses der Landwirtschaft fast völlig in den Hintergrund, Maschinen beherrschen seitdem das Bild.
In der heutigen Zeit merken wir immer mehr, wie Entwicklungen in der Digitalisierung, in der Mobilität etc. uns immer mehr von unseren Mitmenschen entfernen, hinzu kommen Zukunftsängste. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Menschen häufig eine hohe und intrinsische Motivation haben, sich mit Tieren zu beschäftigen und mit ihnen in Beziehung zu treten, insbesondere mit Pferden. Diese sind dann oftmals sogenannte Vermittler von Urvertrauen.
Pferde sind Herdentiere, von Natur aus soziale Lebewesen und zeigen eine größere Bereitschaft zum Körperkontakt als andere Großtiere, im Grunde sind sie unsere größten Haustiere. Pferde erkennen ihnen gut bekannte Personen wieder und bauen eine gewisse Bande zu diesen auf. Zugleich reagieren sie empfindsam und fein auf eine nonverbale Kommunikation und fordern Körperkontakt sowie die Auseinandersetzung des Menschen mit dem Aussenden eigener Körpersprachsignale heraus. Eine weitere besondere Fähigkeit des Pferdes in Bezug auf uns Menschen ist – im Gegensatz zu beispielsweise Hunden in der Therapie – dass sie uns tragen können. Uns weitertragen.
Im therapeutischen Prozess können Pferde deshalb dazu beitragen, dass Menschen ihre sozialen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten verbessern, eigene Ängste und Stress abbauen, Selbstvertrauen und Vertrauen zu unserer Umwelt entwickeln. So wird eine emotionale Regulation gefördert.
Doch nicht bloß auf die Psyche kann die pferdegestützte Therapie positive Auswirkungen haben, sie hat es erwiesenermaßen auch auf unseren Körper. Der Bewegungsablauf eines Pferdes ähnelt dem von uns Menschen, wenn wir auf dem Pferd sitzen, werden stets wichtige Muskeln trainiert, nicht allein jene, die wir zum Gehen benötigen. Gleichzeitig üben wir unsere Balance und Haltung.
