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Meine Geschichte

MEINE GESCHICHTE MIT DEN PFERDEN fing auf der Hengstparade im baden-württembergischen Haupt- und Landesgestüt Marbach an, die ich als Kind besuchte. Ich war so fasziniert von der Schönheit der Arabischen Vollblüter, wie sie mit Eleganz und Schnelligkeit in die Arena galoppierten, dass ich kurz darauf meine Eltern mit dem Thema Pferd bedrängte. Nach einem Sommer in den Reiterferien begann ich mit sieben Jahren das Reiten. Das war auf einem Norwegischen Fjordpferd, mit dem ich in Begleitung ins Gelände ritt – Reitplatz und unzählige Reitstunden wären verfehlt gewesen. Diese Herangehensweise ans Pferd war ideal, um mein damaliges Pony Aramis als einen Gefährten kennenzulernen, der mich sicher durch die Wälder der Schwäbischen Alb trug.
Nach diesen abenteuerlichen Erfahrungen besuchte ich mit circa elf Jahren eine Reitschule, in der die englische Reitweise vermittelt wurde. Dies bedeutete für mich: Reitunterricht einmal pro Woche in der Reithalle, Sommer wie Winter. Ich lernte die Reittechnik, doch dieser Umgang mit den Pferden sagte mir auf Dauer nicht so recht zu. Sie wurden in Boxen gehalten, hatten jeden Tag vier bis sechs Reitstunden und wurden nur ganz selten auf die Koppel gebracht. Ein Pferdeleben, in dem sie sozial miteinander sein konnten, war unmöglich für diese Reitschulpferde. Das war der Grund, weswegen ich mit 13 Jahren eine Reitbeteiligung suchte und fand (den Besuch der Reitschule hängte ich mit 16 Jahren dann an den Nagel).

Es handelte sich um ein kleines schwarzes Pferdchen, das ein Araber-Pony-Mix war und Ronny hieß. Ronny war mein Lehrpferd und meine Herausforderung: Er kam ursprünglich aus Polen, hatte dort schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht und aufgrund eines Unfalls mit seiner Besitzerin das rechte Auge verloren.

Aufgrund dieser Umstände zeigte er in manchen Situationen und an manchen Tagen ein aggressives Verhalten. Sobald er ein Halfter auf dem Kopf hatte, war die Aggressivität verflogen, doch an manchen Tagen kostete es etliche Mühen, dahin zu kommen.

Zufällig stieß ich auf einem Flohmarkt auf das Video von Klaus Ferdinand Hempfling »Die erste Begegnung«. So mühelose wollte ich ebenfalls mit dem kleinen schwarzen Pony umgehen. Also übte ich mich im Beobachten des freien Pferdes im Roundpen und studierte die Körpersprache der Pferde. Das erforderte auch, mich stets selbst zu betrachten und zu überlegen, welche Bewegungen und Gesten ich einsetzte. Schnell machten wir gemeinsam Fortschritte und es wurde über viele Jahre eine belastbare, vertrauensvolle und freundschaftliche Beziehung zwischen uns, die mir in der Zeit des Heranwachsens mit all seinen Schwierigkeiten immer Halt gab.

Mit Ronny unternahm ich irgendwann ausschließlich Ausritte alleine in die Wälder und über Felder, manchmal einen ganzen Tag lang.
So hatten wir uns gemeinsam folgendem Zitat von Antoine de Pluvinel angenähert: „Auf ein Pferd, das aus Angst gehorcht, ist kein Verlass. Es wird immer etwas geben, vor dem es sich mehr fürchtet, als vor dem Reiter. Wenn es aber seinem Reiter vertraut, wird es ihn fragen, was es tun soll, wenn es sich fürchtet.“

Als ich bereits in Frankfurt am Main studierte, starb Ronny 2015. So waren die Pferde vorerst aus meinem Leben verschwunden.

Durch einen Zufall fand ich 2022 in Berlin über eine Reitbeteiligung an einer Vollblutaraberstute wieder zu den Pferden. Wie auch Ronny hatte diese Stute ihre Stressoren im Umgang mit den Menschen. Folglich begann ich bei Tahani über die Boden -und Freiarbeit eine Beziehung zu ihr aufzubauen, bei der sie sich keinem Druck von mir ausgesetzt fühlen musste.

Nach wenigen Wochen konnte ich alleine mit ihr ohne Sattel und mit einem Sidepull ausreiten. Über das Wiederbegegnen und -finden mit Pferden entstand die Idee, mein Wissen, mein Gefühl für Pferde, meine Kenntnisse über sie und ihre wohltuende Gesellschaft anderen näherbringen
zu wollen.

So begann ich im Oktober 2022 die Weiterbildung zur Reittherapeutin, die ich im September 2023 erfolgreich abschloss. Während dieser Zeit der Ausbildung absolvierte ich ein zweiwöchiges Praktikum in einer reittherapeutischen Einrichtung in der Nähe von Madrid, das mir wertvolle Einblicke gab. In diesen zwei Wochen wurde mir klar, auf welche Art und Weise ich mit Pferden und Menschen arbeiten möchte.

Ich hatte das Glück, dass ich die ersten Schritte unternehmen durfte, ein Pferd neu an die Arbeit als Co-Therapeuten heranzuführen, was mir
die Nervenstärke und Feinfühligkeit der spanischen Pferde nochmals verdeutlichte. Seit August 2023 arbeite ich auf Teilzeit-Basis bei» icamani – pferdegestützte Therapie« und sammle dort wertvolle Erfahrungen in der Arbeit mit Mensch und Tier in einem tollen Team.

Wie es der Zufall so will bei pferdeverrückten Menschen, fand ich auf einer Reise nach Menorca im Oktober 2023 mein Traumpferd: Doron, einen damals vier-jährigen schwarzen Menorquín-Wallach. Ein lang ersehnter Kindheitstraum realisierte sich. Diese spanische Pferderasse erweckte sehr früh in meinem Pferdeleben die Aufmerksamkeit, da es eine sehr seltene Rasse ist, jedoch mit außerordentlichen Eigenschaften.

Denn mit ihrer Charakterstärke sowie hohen Intelligenz erweisen sich Menorquín stets als umgängliche und lernbereite Pferde, die mit Motivation bei der Arbeit sind. Menorquín sind wie andere iberische Pferderassen sehr auf ihren Menschen bezogen und gehen für diesen, wenn sie Vertrauen gefasst haben und eine feste Bindung zu ihrer
Person besteht, buchstäblich durchs Feuer.

Sie gelten als gelehrig und freundlich in ihrem Wesen, zumal sie sich
mit ihrer Gelassenheit und Konzentrationsstärke durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Zudem sind sie sehr nervenstarke, mutige und abenteuerfreudige Pferde, ihr Einsatz als angstlose Kriegspferde der spanischen Eroberer, bei dem sie als Kämpfer eingesetzt wurden, fließt ihnen noch durch die Venen. Viele dieser Eigenschaften finde ich bei Doron wieder: Egal, in welcher Situation er sich befindet, er begegnet

ihr neugierig, offen und ruhig. Er liebt Abenteuer und genießt es, Neues zu entdecken.

Unseren zweiwöchigen Urlaub im August 2024 in der Uckermark mit ständig neuen, ihm unbekannten Situationen und Erlebnissen meisterte er aufgeschlossen, interessiert und souverän. Doron ist ein sehr aufmerksames und feines Pferd, beobachtet die Menschen genau und erwartet auch genau dies von seinem Gegenüber: genaue Beobachtung, Aufmerksamkeit sowie Achtsamkeit und Feingefühl. In diesem Sinne – lernt mich und meinen vierbeinigen Partner kennen!